22. Das Holo-Manöver, Teil 1
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Persönliches Logbuch Lieutenant Bull

Es war ein ehrenvoller Tag für Corbug. Die Anstrengungen, die er seit den Anfängen auf der Invisible getätigt hatte, wurden endlich belohnt. Er wurde zum Einheitsführer über eine Einheit, welche aus sechs Personen bestand, befördert. Er fühlte den Stolz in sich aufsteigen, als der Chef der Sicherheit, Lieutenant K´hard, ihm das Einheitsführerzeichen ansteckte. Nach außen hin gab er sich kühl und gelassen, aber in Wirklichkeit hätte er vor Freude an die Decke springen können.

Nachdem Lieutenant K´hard ihm das Abzeichen angesteckt hatte, salutierte Corbug erst vor K´hard und danach vor den anderen Führungsoffizieren, die auch alle anwesend waren. Der Form halber sollte er eine Ansprache halten, obwohl er nicht der Typ war, der gerne eine Ansprache hielt. "Ich freue mich...", fasste Corbug sich deswegen kurz, "diese Auszeichnung heute entgegennehmen zu dürfen und hoffe, ihr alle Ehre zu machen."

Mit dem Ende der Rede begann der inoffizielle Teil der Feier, bei der auch Getränke ausgeschenkt wurden. "Mr. Bull", fing Lieutenant K´hard an, wobei Corbug herum fuhr. Allerdings übersah er einen der Anwesenden, die gerade hinter ihm her ging. Corbug stieß ihm dabei das Glas aus der Hand und schüttete den Drink auf Lieutenant K´hard´s Uniform.


Logbuch von Lieutenant K´hard

Das fehlte noch! K´hard war die ganze Situation nicht angenehm. Tasha hatte K´hard in der letzten Besprechung ermahnt, nicht zu hart mit Lieutenant Corbug Bull zu sein. Scheinbar wollte sie eine Art Vertrauensbasis zwischen K´hard und Bull schaffen, als sie darauf bestand, er solle Bull die Funktion des Einheitsführers geben. Keine wirkliche Beförderung, aber trotzdem eine Auszeichnung. Er hatte somit die Befehlsgewalt über eine kleine Gruppe von Sicherheitsleuten. Auch diese - nach K´hard´s Ansicht - unangebrachte Feier war Tashas Idee. Sie ahnte schon länger, dass K´hard seine Probleme mit Corbug Bull hatte. Sicher, seine Personalakte war ohne Tadel. Lieutenant Corbug Bull war ein guter, fleißiger und vor allem loyaler Offizier. Aber es spielen bei Sympathie noch andere Dinge mit. Vielleicht sah K´hard ein wenig von sich selbst in dem jungen Offizier. Ein wenig von dem Ungestüm der Jugend, die K´hard mittlerweile abgelegt und so gut es geht durch Bedachtheit ersetzt hat. Vielleicht wollte K´hard auch nur nicht den Anschein erwecken, er würde einen Teilklingonen bevorteilen. K´hard wusste es eigentlich nicht. Und er wollte sich damit auch gar nicht auseinandersetzen. Außerdem hatte K´hard - entgegen Tashas Meinung - nie das Gefühl, er würde mit Lieutenant Bull zu streng umgehen. Corbug Bull war zum Teil Klingone und ist unter Klingonen aufgewachsen. Er verträgt schon einiges. Außerdem waren sie auf dem Weg in den Goar-Cluster, einer neuen Mission entgegen, auf der es wichtig ist, ein bestens ausgebildetes und loyales Team zu haben.

Seltsam, was einem alles durch den Kopf schießt, während einem gerade ein saurianischer Brandy über die Uniform fließt.
"Können Sie nicht aufpassen!", fuhr K´hard den jungen Lieutenant Bull an. Die Gespräche verstummten und alle blickten K´hard an. Er spürte förmlich den stechenden Blick von Tasha in seinem Rücken. Scheinbar entwickelte sich die Feier nicht so, wie sie es gedacht hatte. "Entschuldigen Sie bitte vielmals", entschuldigte sich Corbug. Es war ihm anzusehen, dass es ihm peinlich war.
"Schon gut", erwiderte K´hard, der wieder seine Beherrschung gefunden hat. "Sie und der Rest Ihrer Leute melden sich morgen um Null Sechshundert im Holodeck 1 in Kampfmontur zu einer Übung."
"Jawohl Sir!"


Persönliches Logbuch Lieutenant Bull

Bereits um 5.55 Uhr war Corbug Bull, mit seinen Leuten in vollständig angelegter Kampfuniform im Holodeck eingetroffen. Das Holodeck hatte bereits ein Programm geladen und zeigte eine Shuttlerampe. Die Shuttlerampe der Invisible.
"Bilden sie eine Doppelreihe!", befahl er seinen Leuten.
"Reeechts um!"
Die Soldaten drehten sich alle um 90° nach rechts und schauten jetzt zur Tür.
Es war 5.59 Uhr als die Tür aufging und herein kam, wie auch nicht anders erwartet, Lieutenant K´hard.
„Schon gut, Lieutenant. Sie müssen die Leute nicht unnötig vergattern. Eine Gruppe zu führen bedeutet vor allem, dass Sie die anderen dazu bringen, richtig und vor allem auch eigenverantwortlich zu handeln. Blindes Ausführen von Befehlen ist selten der Schlüssel zum Erfolg. Schon gar nicht in einer Crew des Geheimdienstes. Also stehen Sie bequem, bevor Sie einen Krampf bekommen!"
"Rühren!", gab Bull den Befehl an die 5 Mann große Gruppe weiter.

"So, Mr. Bull", sprach K´hard Corbug an, "folgende Übungsannahme: Die Brücke der Invisible ist von einer feindlichen Gruppe übernommen worden, die Mannschaft und der Führungsstab wahrscheinlich überwältigt und arrestiert. Wir werden uns jetzt ein Shuttle nehmen und rausfliegen, danach werden wir eine Übernahme mit anschließender Sicherung der Invisible durchführen. Der Captain und der erste Offizier wissen bescheid und werden das Training überwachen."
"Wie sieht es mit Widerstand aus?", fragte Corbug. "Genaue Zahlen sind unbekannt", antwortete K´hard, "aber es werden vermutlich zwischen zehn und fünfzehn ausgebildete Sicherheitskräfte sein. Und verlassen Sie sich nicht darauf, dass Sie während einer Holosimulation nicht verletzt werden können. Die Sicherheitsprotokolle wurden von mir angepasst. Wenn Sie getroffen werden, sind Sie solange außer Gefecht gesetzt, bis Sie verarztet werden. Und Sie werden diesen Schmerz auch verspüren."
K´hard merkte die Unruhe unter den 5 Leuten, die seine Befehle auslösten. Nur der junge Lieutenant zeigte keine Regung und folgte emotionslos der Befehlsausgabe. Natürlich war sichergestellt, dass niemand wirklich ernstlich verletzt werden konnte.
"Werden sie Mitkämpfen oder Überwachen?"
"Überwachen."
Damit wusste Corbug, dass er es sehr schwer haben würde.

"Computer, Programm "take over-Alpha" starten." Nach K´hard´s kurzem Befehl kam Leben in die starre Umgebung des Holodecks. Kurz nach dem Missions-Briefing stiegen alle in das Shuttle.
K´hard und Corbug sahen sich an. "Ab jetzt werde ich bis zum Ende des Trainings nichts mehr sagen. Sie haben die volle Befehlsgewalt über Ihre Leute. Das Programm wird meine Anwesenheit ignorieren."

Alle Anwesenden gingen auf ein Shuttle zu und stiegen ein.
"Fähnrich", Corbug sah einen seiner Leute an, "Sie übernehmen das Steuer." Corbug wies ihn an, loszufliegen und sich von der Invisible 20.000 km zu entfernen.
Während des Fluges, besprach er noch einmal die ganzen Details mit seinen Leuten. Außerdem befahl er noch einmal, obwohl es überflüssig war, die Phasergewehre zu überprüfen, ob diese auch auf Training eingestellt waren. Diese Einstellung an den Phasergewehren bewirkte bei dem Getroffenen einen elektrischen Schlag, den man unmöglich ignorieren konnte. Das war für den Fall, dass man ein Nicht-Hologramm anschoss.
"Sir, eine Frage noch." Corbug sah Lieutenant K´hard an. "Wird sich die Invisible verteidigen?"
"Sie werden als Invasoren angesehen. Reicht Ihnen das?"
"Danke, Sir."
Diese Antwort sagte Bull, dass sich die Invisible und wer auch immer sie jetzt befehligte aufs heftigste widersetzen würde, geentert zu werden.

"Zehn Sekunden bis wir in die Waffenreichweite der Invisible kommen, Sir", sagte der Fähnrich an den Sensoren.
"Bereiten sie sich auf Ausweichmanöver Bull Omega 2 und danach auf Angriffsequenz Bull Alpha 7 vor.", befahl Corbug den Fähnrichen am Steuer und an den Waffen.
"Fünf Sekunden."
"Bereithalten!"
"Drei, zwei, eins..."
"Die Invisible eröffnet das Feuer!" Vergessen war es für die Beteiligten, dass es sich um eine Simulation handelte. Zu real war die Umgebung und die Bedrohung.
"Auf meinen Befehl, Fähnrich..." Er wartete, bis die Invisible den Feuerzyklus beendet hatte und kurz vor dem zweiten Zyklus befahl er: "Ausführung - jetzt!"
Der Fähnrich reagierte gerade noch rechtzeitig. Das Shuttle rollte sich nach rechts hin ab und flog zwei Schrauben. Der simulierte Phaserstrahl schoss knapp an der linken Warpgondel des Shuttles vorbei. Die übrigen Schüsse der Invisible trafen ihr Ziel ebenso wenig.
"Angriffssequenz!", befahl Bull kurz.
Der Bug des Shuttles drehte sich in Richtung Invisible, dann blitzte die Spitze auf und ein kleiner Phasenstrahl kam heraus geschossen. Es war klar, dass der Strahl nichts gegen die Invisible ausrichten konnte, aber es sorgte wenigstens für Ablenkung.
Der Navigator hatte einen entscheidenden Fehler gemacht, der jetzt bestraft wurde. Und zwar blieb er die ganze Zeit nach der Angriffssequenz auf gleicher Höhe und dadurch wurde das Shuttle von einem der leichten Phaserstrahlen getroffen.
"Schilde sind ausgefallen, genauso wie der Warpantrieb!", schrie der Fähnrich an den Sensoren. Es war deutlich zu hören, dass er in Panik war.
"Ausweichmanöver Bull Delta 1", kam erneut ein Befehl von Bull, "und keine Panik Fähnrich, den Warpantrieb brauchen wir nicht und die Schilde bald auch nicht mehr!" Das Shuttle flog stark nach oben, drehte sich um die eigene Achse und raste direkt auf den Hangar der Invisible zu. Auch während diesem Manöver rauschten wieder einige Phaserstrahlen an dem Shuttle vorbei.
"3000 km bis zum Kontakt.", sagte der Sensoren-Fähnrich, der sich inzwischen wieder gefangen hatte.
"Beschleunigen! Wir führen Einflugmanöver Bull Zeta drei durch!" Bei diesem Manöver wurde bei voller Geschwindigkeit der Schild des Zielschiffs durchbrochen und innerhalb des Schildes dann die Hangartore aufgeschossen. Erst kurz bevor man aussetzte wurde abgebremst und so, dass die Insassen und das Shuttle nicht beschädigt wurden, aufgesetzt.


Logbuch Lieutenant K´hard

"Er ist ein Draufgänger," dachte K´hard während er es nur mit Anstrengungen schaffte, sich gut im Shuttle festzuhalten. "Er kann seine Zeit unter klingonischem Kommando nicht verleugnen. Die Leute, die er befiehlt haben nichts zu Lachen." Bulls Angriffsmanöver war gewagt, aber effektiv. Das Shuttle konnte sich erfolgreich der Invisible nähern und war bereit, einzudringen. Danach begann der mindestens ebenso gefährliche Teil des taktischen Kampfes innerhalb des Schiffes. Bull war mit seiner Gruppe nur zu Sechst. Die fremde Crew bestand aus 15 Mann, von denen 5 einen Stab auf der Brücke bildeten und 10 weitere Bull abfangen wollten. Die Stammmannschaft der Invisible war in Ihren Quartieren gefangen. Aber das alles konnten Bull und seine Leute noch nicht wissen. Zweck der Übung war es, ein Mittelmaß zwischen Kampf und Taktik zu finden. Das wollte er Bull ganz einfach zeigen. Lieutenant Bull hatte zumindest gleich zu Anfang den Kampf gewählt. K´hard war gespannt, ob er in klingonischer Manier seine Leute blind in den Kampf schickte oder jetzt auch ein wenig Taktik walten ließe.

 

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