Persönliches Logbuch Lieutenant
Bull
Es
war ein ehrenvoller Tag für Corbug. Die Anstrengungen, die
er seit den Anfängen auf der Invisible getätigt hatte,
wurden endlich belohnt. Er wurde zum Einheitsführer über
eine Einheit, welche aus sechs Personen bestand, befördert.
Er fühlte den Stolz in sich aufsteigen, als der Chef der
Sicherheit, Lieutenant K´hard, ihm das Einheitsführerzeichen
ansteckte. Nach außen hin gab er sich kühl und gelassen,
aber in Wirklichkeit hätte er vor Freude an die Decke springen
können.
Nachdem
Lieutenant K´hard ihm das Abzeichen angesteckt hatte, salutierte
Corbug erst vor K´hard und danach vor den anderen Führungsoffizieren,
die auch alle anwesend waren. Der Form halber sollte er eine Ansprache
halten, obwohl er nicht der Typ war, der gerne eine Ansprache
hielt. "Ich
freue mich...", fasste Corbug sich deswegen kurz, "diese
Auszeichnung heute entgegennehmen zu dürfen und hoffe, ihr
alle Ehre zu machen."
Mit
dem Ende der Rede begann der inoffizielle Teil der Feier, bei
der auch Getränke ausgeschenkt wurden. "Mr. Bull",
fing Lieutenant K´hard an, wobei Corbug herum fuhr. Allerdings
übersah er einen der Anwesenden, die gerade hinter ihm her
ging. Corbug stieß ihm dabei das Glas aus der Hand und schüttete
den Drink auf Lieutenant K´hard´s Uniform.
Logbuch von Lieutenant K´hard
Das
fehlte noch! K´hard war die ganze Situation nicht angenehm.
Tasha hatte K´hard in der letzten Besprechung ermahnt, nicht
zu hart mit Lieutenant Corbug Bull zu sein. Scheinbar wollte sie
eine Art Vertrauensbasis zwischen K´hard und Bull schaffen,
als sie darauf bestand, er solle Bull die Funktion des Einheitsführers
geben. Keine wirkliche Beförderung, aber trotzdem eine Auszeichnung.
Er hatte somit die Befehlsgewalt über eine kleine Gruppe
von Sicherheitsleuten. Auch diese - nach K´hard´s
Ansicht - unangebrachte Feier war Tashas Idee. Sie ahnte schon
länger, dass K´hard seine Probleme mit Corbug Bull
hatte. Sicher, seine Personalakte war ohne Tadel. Lieutenant Corbug
Bull war ein guter, fleißiger und vor allem loyaler Offizier.
Aber es spielen bei Sympathie noch andere Dinge mit. Vielleicht
sah K´hard ein wenig von sich selbst in dem jungen Offizier.
Ein wenig von dem Ungestüm der Jugend, die K´hard mittlerweile
abgelegt und so gut es geht durch Bedachtheit ersetzt hat. Vielleicht
wollte K´hard auch nur nicht den Anschein erwecken, er würde
einen Teilklingonen bevorteilen. K´hard wusste es eigentlich
nicht. Und er wollte sich damit auch gar nicht auseinandersetzen.
Außerdem hatte K´hard - entgegen Tashas Meinung -
nie das Gefühl, er würde mit Lieutenant Bull zu streng
umgehen. Corbug Bull war zum Teil Klingone und ist unter Klingonen
aufgewachsen. Er verträgt schon einiges. Außerdem waren
sie auf dem Weg in den Goar-Cluster, einer neuen Mission entgegen,
auf der es wichtig ist, ein bestens ausgebildetes und loyales
Team zu haben.
Seltsam,
was einem alles durch den Kopf schießt, während einem
gerade ein saurianischer Brandy über die Uniform fließt.
"Können Sie nicht aufpassen!", fuhr K´hard
den jungen Lieutenant Bull an. Die Gespräche verstummten
und alle blickten K´hard an. Er spürte förmlich
den stechenden Blick von Tasha in seinem Rücken. Scheinbar
entwickelte sich die Feier nicht so, wie sie es gedacht hatte.
"Entschuldigen Sie bitte vielmals", entschuldigte sich
Corbug. Es war ihm anzusehen, dass es ihm peinlich war.
"Schon gut", erwiderte K´hard, der wieder seine
Beherrschung gefunden hat. "Sie und der Rest Ihrer Leute
melden sich morgen um Null Sechshundert im Holodeck 1 in Kampfmontur
zu einer Übung."
"Jawohl Sir!"
Persönliches Logbuch Lieutenant
Bull
Bereits
um 5.55 Uhr war Corbug Bull, mit seinen Leuten in vollständig
angelegter Kampfuniform im Holodeck eingetroffen. Das Holodeck
hatte bereits ein Programm geladen und zeigte eine Shuttlerampe.
Die Shuttlerampe der Invisible.
"Bilden sie eine Doppelreihe!", befahl er seinen Leuten.
"Reeechts um!"
Die Soldaten drehten sich alle um 90° nach rechts und schauten
jetzt zur Tür.
Es war 5.59 Uhr als die Tür aufging und herein kam, wie auch
nicht anders erwartet, Lieutenant K´hard.
Schon gut, Lieutenant. Sie müssen die Leute nicht unnötig
vergattern. Eine Gruppe zu führen bedeutet vor allem, dass
Sie die anderen dazu bringen, richtig und vor allem auch eigenverantwortlich
zu handeln. Blindes Ausführen von Befehlen ist selten der
Schlüssel zum Erfolg. Schon gar nicht in einer Crew des Geheimdienstes.
Also stehen Sie bequem, bevor Sie einen Krampf bekommen!"
"Rühren!", gab Bull den Befehl an die 5 Mann große
Gruppe weiter.
"So,
Mr. Bull", sprach K´hard Corbug an, "folgende
Übungsannahme: Die Brücke der Invisible ist von einer
feindlichen Gruppe übernommen worden, die Mannschaft und
der Führungsstab wahrscheinlich überwältigt und
arrestiert. Wir werden uns jetzt ein Shuttle nehmen und rausfliegen,
danach werden wir eine Übernahme mit anschließender
Sicherung der Invisible durchführen. Der Captain und der
erste Offizier wissen bescheid und werden das Training überwachen."
"Wie sieht es mit Widerstand aus?", fragte Corbug. "Genaue
Zahlen sind unbekannt", antwortete K´hard, "aber
es werden vermutlich zwischen zehn und fünfzehn ausgebildete
Sicherheitskräfte sein. Und verlassen Sie sich nicht darauf,
dass Sie während einer Holosimulation nicht verletzt werden
können. Die Sicherheitsprotokolle wurden von mir angepasst.
Wenn Sie getroffen werden, sind Sie solange außer Gefecht
gesetzt, bis Sie verarztet werden. Und Sie werden diesen Schmerz
auch verspüren."
K´hard merkte die Unruhe unter den 5 Leuten, die seine Befehle
auslösten. Nur der junge Lieutenant zeigte keine Regung und
folgte emotionslos der Befehlsausgabe. Natürlich war sichergestellt,
dass niemand wirklich ernstlich verletzt werden konnte.
"Werden sie Mitkämpfen oder Überwachen?"
"Überwachen."
Damit wusste Corbug, dass er es sehr schwer haben würde.
"Computer,
Programm "take over-Alpha" starten." Nach K´hard´s
kurzem Befehl kam Leben in die starre Umgebung des Holodecks.
Kurz nach dem Missions-Briefing stiegen alle in das Shuttle.
K´hard und Corbug sahen sich an. "Ab jetzt werde ich
bis zum Ende des Trainings nichts mehr sagen. Sie haben die volle
Befehlsgewalt über Ihre Leute. Das Programm wird meine Anwesenheit
ignorieren."
Alle
Anwesenden gingen auf ein Shuttle zu und stiegen ein.
"Fähnrich", Corbug sah einen seiner Leute an, "Sie
übernehmen das Steuer." Corbug wies ihn an, loszufliegen
und sich von der Invisible 20.000 km zu entfernen.
Während des Fluges, besprach er noch einmal die ganzen Details
mit seinen Leuten. Außerdem befahl er noch einmal, obwohl
es überflüssig war, die Phasergewehre zu überprüfen,
ob diese auch auf Training eingestellt waren. Diese Einstellung
an den Phasergewehren bewirkte bei dem Getroffenen einen elektrischen
Schlag, den man unmöglich ignorieren konnte. Das war für
den Fall, dass man ein Nicht-Hologramm anschoss.
"Sir, eine Frage noch." Corbug sah Lieutenant K´hard
an. "Wird sich die Invisible verteidigen?"
"Sie werden als Invasoren angesehen. Reicht Ihnen das?"
"Danke, Sir."
Diese Antwort sagte Bull, dass sich die Invisible und wer auch
immer sie jetzt befehligte aufs heftigste widersetzen würde,
geentert zu werden.
"Zehn
Sekunden bis wir in die Waffenreichweite der Invisible kommen,
Sir", sagte der Fähnrich an den Sensoren.
"Bereiten sie sich auf Ausweichmanöver Bull Omega 2
und danach auf Angriffsequenz Bull Alpha 7 vor.", befahl
Corbug den Fähnrichen am Steuer und an den Waffen.
"Fünf Sekunden."
"Bereithalten!"
"Drei, zwei, eins..."
"Die Invisible eröffnet das Feuer!" Vergessen war
es für die Beteiligten, dass es sich um eine Simulation handelte.
Zu real war die Umgebung und die Bedrohung.
"Auf meinen Befehl, Fähnrich..." Er wartete, bis
die Invisible den Feuerzyklus beendet hatte und kurz vor dem zweiten
Zyklus befahl er: "Ausführung - jetzt!"
Der Fähnrich reagierte gerade noch rechtzeitig. Das Shuttle
rollte sich nach rechts hin ab und flog zwei Schrauben. Der simulierte
Phaserstrahl schoss knapp an der linken Warpgondel des Shuttles
vorbei. Die übrigen Schüsse der Invisible trafen ihr
Ziel ebenso wenig.
"Angriffssequenz!", befahl Bull kurz.
Der Bug des Shuttles drehte sich in Richtung Invisible, dann blitzte
die Spitze auf und ein kleiner Phasenstrahl kam heraus geschossen.
Es war klar, dass der Strahl nichts gegen die Invisible ausrichten
konnte, aber es sorgte wenigstens für Ablenkung.
Der Navigator hatte einen entscheidenden Fehler gemacht, der jetzt
bestraft wurde. Und zwar blieb er die ganze Zeit nach der Angriffssequenz
auf gleicher Höhe und dadurch wurde das Shuttle von einem
der leichten Phaserstrahlen getroffen.
"Schilde sind ausgefallen, genauso wie der Warpantrieb!",
schrie der Fähnrich an den Sensoren. Es war deutlich zu hören,
dass er in Panik war.
"Ausweichmanöver Bull Delta 1", kam erneut ein
Befehl von Bull, "und keine Panik Fähnrich, den Warpantrieb
brauchen wir nicht und die Schilde bald auch nicht mehr!"
Das Shuttle flog stark nach oben, drehte sich um die eigene Achse
und raste direkt auf den Hangar der Invisible zu. Auch während
diesem Manöver rauschten wieder einige Phaserstrahlen an
dem Shuttle vorbei.
"3000 km bis zum Kontakt.", sagte der Sensoren-Fähnrich,
der sich inzwischen wieder gefangen hatte.
"Beschleunigen! Wir führen Einflugmanöver Bull
Zeta drei durch!" Bei diesem Manöver wurde bei voller
Geschwindigkeit der Schild des Zielschiffs durchbrochen und innerhalb
des Schildes dann die Hangartore aufgeschossen. Erst kurz bevor
man aussetzte wurde abgebremst und so, dass die Insassen und das
Shuttle nicht beschädigt wurden, aufgesetzt.
Logbuch Lieutenant K´hard
"Er
ist ein Draufgänger," dachte K´hard während
er es nur mit Anstrengungen schaffte, sich gut im Shuttle festzuhalten.
"Er kann seine Zeit unter klingonischem Kommando nicht verleugnen.
Die Leute, die er befiehlt haben nichts zu Lachen." Bulls
Angriffsmanöver war gewagt, aber effektiv. Das Shuttle konnte
sich erfolgreich der Invisible nähern und war bereit, einzudringen.
Danach begann der mindestens ebenso gefährliche Teil des
taktischen Kampfes innerhalb des Schiffes. Bull war mit seiner
Gruppe nur zu Sechst. Die fremde Crew bestand aus 15 Mann, von
denen 5 einen Stab auf der Brücke bildeten und 10 weitere
Bull abfangen wollten. Die Stammmannschaft der Invisible war in
Ihren Quartieren gefangen. Aber das alles konnten Bull und seine
Leute noch nicht wissen. Zweck der Übung war es, ein Mittelmaß
zwischen Kampf und Taktik zu finden. Das wollte er Bull ganz einfach
zeigen. Lieutenant Bull hatte zumindest gleich zu Anfang den Kampf
gewählt. K´hard war gespannt, ob er in klingonischer
Manier seine Leute blind in den Kampf schickte oder jetzt auch
ein wenig Taktik walten ließe.