5. Ein Leben anderer Art
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Missionsbericht Lieutenant Nick Sherdan

Fremde Erinnerungen übermannten Sherdan plötzlich wieder, als er versuchte, seine Aufzeichnungen zu vervollständigen...

Die Quellen der Harmonie waren endlich wieder da!! Und diesmal nahm sich Ziiolo vor, behutsamer zu sein als beim ersten Mal! In Dankbarkeit verharrte Ziiolo und erinnerte sich...

Die Kraft des Äußeren war damals wie ein Geschenk erschienen und gab Ziiolo eine völlig neue Quelle der Empfindung.

Anfangs fühle er nur Ödnis und das Dasein an sich. Die Kraft des Äußeren erfüllte diese Leere jedoch explosionsartig mit Licht und Raum. Ziiolo wurde sich seiner selbst bewußt. Er erkannte nach geraumer Zeit, daß es noch mehr gab. Völlig unbekannte Schwingungen durchzogen den Raum Ziiolos und ergriffen ihn mit einem Gefühl unbekannter Existenz. Plötzlich erkannte Ziiolo...Grenzen - was war das? Die Grenzen des Selbst! Eine Ahnung entstand...es gab nicht nur Ziiolo. Es gab mehr als diesen....Körper. Es gab Grenzen! Was war außerhalb? Was war außer Ziiolo? Der Versuch die Grenze zu durchdringen, die Ziiolo für sich Gurtlinie nannte, scheiterte kläglich. Da war etwas, das anders war als Ziiolo. Doch was war der Unterschied? Es war nicht faßbar. Er konnte keine Empfindungen aus dem Raum hinter der Gurtlinie wahrnehmen. Ziiolos erste Bekanntschaft
mit dem Nichtleben...dem Tod!

Diese Erfahrung war ein Schock, den Ziiolo lange Zeit nicht überwinden konnte. Doch der ständige Strom aus der Kraft des Äußeren half ihm, die Furcht vor dem Tod zu überwinden und in sein Reich vorzudringen. Dabei bemerkte er, daß er nicht alleine war. Er spürte die Harmonie mit etwas, was nicht er selbst war. Er fühlte sich zu dieser Quelle der Harmonie hingezogen und stellte sich vor, sich mit ihr zu vereinigen. Das Verlangen steigerte sich über längere Zeit hin - bis ins Unermeßliche. Und irgendwann nach langem Bemühen gelang der Kontakt! Es war ein überwältigendes Gefühl, fast wie beim ersten Erscheinen der Kraft des Äußeren. Ziiolo spürte eine gewaltige Erweiterung seines Raumes und damit auch seiner Selbst.

Erst viel später verstand er diesen Vorgang, der sich mit der Zeit noch öfters wiederholte. Ziiolo wuchs! Und mit sich selbst wuchsen auch Ziiolos Fähigkeiten, über die Gurtlinie hinauszusehen. Erst nur Bruchteile von einem Prento. Doch je größer Ziiolo wurde, um so besser und länger gelang es. Inzwischen konnte Ziiolo schon weit über die Gurtgrenze hinaussehen und erkannte seine Umgebung. Er wußte, das er im Vergleich zu seiner Umgebung winzig klein war. Und daß es nicht nur erfüllten sondern auch leeren Raum gab. Dieser fühlte sich noch schlimmer an als das, was er als ersten Kontakt mit dem Reich des Todes erfahren hatte.

Irgendwann jedoch gab es keine Äußere Harmonie mehr in der näheren Umgebung. Und so versuchte Ziiolo immer weiter in den leeren Raum zu sehen, auch wenn es ein unangenehmes Gefühl war. Und es lohnte sich. Er traf wieder auf erfüllten Raum.
Der schönste Lohn jedoch war - die Wiederentdeckung der lang entbehrten Harmonie! Es war viel anstrengender, Kontakt zu finden zu den Welten, die seiner sehr ähnlich waren, doch das Verlangen war zu groß. Und so legte Ziiolo lange Pausen ein und sammelte alle Kraft für die kurzen Kontaktversuche.

Bei einem dieser Kontaktversuche geschah es dann. Wie eine Eruption schob sich etwas in Ziiolos suchenden Strahl. Etwas sehr kleines, doch völlig fremdartiges, das dermaßen von Schwingungen erfüllt war, daß Ziiolo fast den Verstand verlor. Im ersten Moment schottete er sich ab und es dauerte eine Weile, bis Ziiolo wieder zu sich kam. Als die Wirkung jedoch am Abklingen war, erkannte Ziiolo, daß es nichts anderes als das Hochgefühl der Vereinigung gewesen war was er erlebt hatte, nur tausendfach stärker! Jetzt gab es kein Halten mehr. Ein lang entbehrtes Verlangen konnte gestillt werden! Vorsichtig tastete sich Ziiolo wieder vor. Ganz langsam näherte sich sein Suchstrahl dem Unbekannten.

Ein Hochgefühl pulsierte in Ziiolo, als er die Quelle wiederfand. Er fühlte sich mit einem mal geborgen und voll tiefster Zufriedenheit. Ein Gedanke brannte auf, geboren aus dem Verlangen des Kontaktes. Ziiolo wollte unbedingt die Nähe zu der Quelle verringern und richtete all seine Konzentration darauf aus. Doch zu seiner Überraschung schlug die Harmonie schlagartig in herbe Dissonanz um. Und diese Dissonanz kam auf Ziiolo zu!! Augenblicklich zog er sich, von plötzlicher Angst gepeinigt, hinter die Gurtlinie zurück und wartete mit stumpfen Sinnen. Doch es geschah nichts. Vorsichtig tastete sich Ziiolo wieder vor.

Wie groß war seine Überraschung, als er die Quelle der Harmonie urplötzlich in unmittelbarer Nähe wiederfand. Nur, wo war die Mächtigkeit, dieses überwältigende Gefühl geblieben? Was er entdeckte, war nur ein Bruchteil dessen. Und was noch viel verwunderlicher war, ES BEWEGTE SICH!

Langsam gewöhnte sich Ziiolo an diese neue Erkenntnis. Noch nie hatte er derartiges entdeckt. Er kannte nichts anderes, als sich....nicht bewegen.

Lange Zeit beobachtete Ziiolo die sich hin und her hüpfenden Quellen der Harmonie. Inzwischen hatte er herausgefunden, daß es sich dabei genaugenommen um zwei einzelne Quellen handelte. Er hatte Angst, den direkten Kontakt zu wagen, da er sich immer noch vor dem damaligen Umschlagen in Dissonanz fürchtete. Doch wieder einmal peitschte das Verlangen nach Vereinigung hohe Wellen. Und als eine der Quellen ihm ganz nahe war, konnte er nicht anders, als den direkten Kontakt zu vollziehen.

Dieses Erlebnis war einzigartig und völlig anders als sonst. Es gab keine Erweiterung im Raum. Doch dafür geschah etwas anderes. Wie ein Leuchten durchzog es Ziiolo. Anfangs verstand er es nicht, doch nach einiger Zeit tauchten Erinnerungen in Ziiolos Bewußtsein auf, die nicht seine waren. Und sie erzählten Geschichten, die phantastischer nicht sein konnten...

Wie durch einen Schleier nahm Sherdan die ersten Eindrücke nach dem plötzlichem Lichtblitz auf. Das erste, was er feststellte war, daß er nichts fühlte. Er spürte seinen Körper nicht. Das zweite was Nick bewußt wurde war die Erkenntnis, nicht allein zu sein. Es kam ihm vor, als ob ihn jemand beobachten würde. Und in seinem Geiste formten sich Worte, die nicht ihm gehörten: „Bist du auch ein Mensch?“

 

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