28. Besuch bei den Leichen
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Logbuch Lieutenant Bull

Es war 8.55 Uhr, als K´hard durch die Hangartür schritt.
"Sind Sie bereit?", rief er seinen Untergebenen schon von Weitem zu.
"Ja, Sir", riefen die beiden gleichzeitig.
"Sir, der Fähnrich hat auf meine Bitte hin, wie besprochen, die Minitransporter an den Phasergewehren angebracht und neben den Sitzen verstaut."
"Gut.", lobte K´hard den jungen Fähnrich, "den Rest besprechen wir während des Fluges."

Um Punkt neun war Abflug.
"Lieutenant Bull an Navigation."
"Blackwell hier. Sprechen Sie."
"Erbitte Freigabe für Shuttle SHADOW für den Flug zum Planeten."
"Freigabe erteilt. Viel Glück."
"Danke."

Nach einigen Minuten ruhigen Fluges warnte Bull: "Wir treten gleich in die Atmosphäre des Planeten ein." "Dann wird es sicher gleich ziemlich holperig, oder?", ließ Fähnrich Jishi verlauten. "Darauf können sie wetten, Fähnrich.", erwiderte K´hard. "Halten Sie sich lieber gut fest!"
Wenige Sekunden danach konnte man bereits ein leichtes Vibrieren des Shuttles spüren. Das wurde bald stärker und einige Minuten später war es schon so, als würde das Shuttle von einer großen Kraft hin und hergeschüttelt werden. K´hard blickte über seine Schulter zu Ken Jishi, um seine Reaktion auf den unruhigen Flug zu beobachten. Zu seiner Überraschung saß der Fähnrich mit einem breiten Grinsen an seiner Konsole und beobachtete die Anzeigen. Als das Shuttle wieder einen besonders heftigen Schlag erhielt, entkam Jishi ein übermütiges "YIPIHH..."
K´hard schien zufrieden. Fähnrich Jishi schien der holprige Flug gut zu gefallen und er schien auch guter Stimmung zu sein. Hat sich die positive Energie der letzten Besprechung auf die Mannschaft übertragen?
"Lassen Sie es nicht zu schnell angehen, Lieutenant. Wir sind nicht auf der Flucht. Das Shuttle sollte auch noch zu einem Rückflug fähig sein.", witzelte K´hard in Richtung des wild auf den Kontrollen herumtippenden Lieutenant Bulls. "Wir landen bei den Koordinaten des letzten Fluges. Das ist ganz nahe der Höhle."

Als die SHADOW die Wolkendecke durchbrach, konnte man durch die Fenster die karge Oberfläche des Planeten sehen. Trotz der unfruchtbaren Landschaft war der Anflug auf eine Planetenoberfläche immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis. Mit abnehmender Geschwindigkeit wurde auch der Flug wieder ruhiger. Bull flog die SHADOW eine versteppte Ebene entlang in Richtung eines einprogrammierten Punktes einer Bergkette.
Interessiert blickte Jishi durch die Shuttlefenster. "Eine öde Gegend. Ich glaube nicht, dass man sich hier gut unterhalten kann.", meinte er gedankenverloren.
"Zur Unterhaltung sind wir auch nicht hier.", entgegnete K´hard emotionslos. "Wir sind in ein paar Minuten da. Machen Sie Ihre Ausrüstung fertig, Fähnrich."
"Ist bereits alles verstaut, Sir. Wir können gleich nach der Landung loslegen."
Aufgrund der alten Koordinaten hätte das Shuttle den Weg zu dem kleinen Landeplateau und die Landung auch selbst erledigen können. Es war bezeichnend, dass Bull dies aber manuell erledigte. Das Shuttle setzte sanft auf und Bull wartete auf K´hard´s nächsten Befehl.
"Öffnen Sie, Lieutenant. Wir gehen es an!" Während sich die Shuttletür öffnete stand K´hard auf und ging vor. "Phaser bleiben auf Betäubung meine Herren."

K´hard schlug gleich eine bestimmte Richtung ein. Scheinbar die Richtung des Höhleneinganges. Bull und Jishi folgen Ihm. Hinter Ihnen konnte man das leise Geräusch der sich schließenden Shuttletür vernehmen.
K´hard blickte in den Himmel. Nur wenige Wolkenfetzen waren zu sehen. Durch einen davon mussten sie gestoßen sein. Die bizarre Form der Wolken ließ K´hard wieder drüber nachdenken, was wohl das Geheimnis dieses Ortes sei. Eine Lichtrefflektion am Höhleneingang verkündete, dass das Team der Invisible hier bereits am Werk war. K´hard blickte über seine Schulter zu den beiden Folgenden. "Da die Höhle relativ weit verzweigt ist und die Felsformationen sehr stark abschirmend wirken, haben wir eine Relaiskette mit Signalverstärkern errichtet, um direkt in und aus der Höhle beamen zu können."
"Wenn wir das Problem der atmosphärischen Störungen in den Griff bekommen würden, könnte wir trotz des Bergmassives vom Schiff aus direkt in die Höhle beamen bzw. dort Scans vornehmen. Es wird weiterhin daran gearbeitet.", bemerkte Fähnrich Jishi, dem der Aufstieg trotz der Ausrüstung keine Schwierigkeiten zu machen schien.
"Benutzen Sie jetzt Ihre Tricorder. Vielleicht schnappen wir schon etwas Brauchbares auf dem Weg in diese Leichenhalle auf." befahl K´hard und alle entsprachen sofort der Order.

Nach ein paar Minuten Fußmarsch entland den aufgestellten Signalverstärkern eröffnete sich plötzlich die "Leichenhalle" vor den Dreien. Das Geräusch der Schritte der drei Männer wurden vielfach von den Höhlenwänden reflektiert. Es war eine unheimliche Atmosphäre und der Gedanke an die Dutzenden Toten in den Wänden trug das seinige dazu bei. K´hard bemerkte, dass diese Stimmung auch die beiden anderen tief beeindruckte.
"Erweisen Sie den Toten die Ehre und bleiben Sie mit dem nötigen Ernst bei der Sache.", meinte K´hard in Richtung der beiden anderen. "In Ordnung Sir", entgegnete Jishi und begann seine Ausrüstung auszupacken. Währenddessen gingen K´hard und Bull in der Höhle umher.

"Sir!" rief Fähnrich Jishi, als er seine Ausrüstung aufgebaut hatte.
"Ja? Was ist los?", rief K´hard dem Fähnrich zu.
"Sind wir die einzigen Crewmitglieder der Invisible hier unten auf dem Planeten?"
"Ja. Warum?"
Das Zischen eines Energiestrahls unterbrach das Gespräch. Ein Felsen neben Ken glühte auf. Der Energiestrahl hatte Ihn nur knapp verfehlt. Da sich alle 3 knapp am Höhleneingang befanden, hechteten Sie in diesen zurück und gingen in Deckung.
"Shuttlecomputer, Nottransport der Phasergewehre zu unserer Position!", rief Cob geistesgegenwärtig.
Die drei Offiziere zogen ihre Handphaser, gingen in Deckung und erwiderten das Feuer. Im gleichen Augenblick, erschienen die Phasergewehre vor ihren Füßen.
"Wie viele sind es, Fähnrich?" fragte K´hard hastig.
"Sechs, nein Sieben!", antwortete Ken sofort.
"Kennen wir sie? Welche Spezies?", fragte Bull.
"Sir, es sind..." Der Fähnrich zögerte.
"Wir hören!", sagte K´hard etwas ungeduldig und auch etwas lauter.
"...es sind vier Menschen, ein Andorianer, ein Vulkanier und ein Romulaner.", antwortete Ken kopfschüttelnd.
'Jetzt verstehe ich auch, warum er gezögert hat', dachte sich Cob.
"Aber, Sir, die Phasersignaturen sind mir völlig unbekannt.", setzte Jishi noch nach.
"Stellen Sie das Feuer ein! Wir sind von der Föderation der vereinten Planeten und in friedlicher Absicht hier!", schrie K´hard in die Höhle hinein. Eine Salve Phaserbeschuss war die Antwort auf seinen Ruf.
"Genug analysiert. Wir erwidern das Feuer!", lautete K´hards knapper Befehl.
Die drei hatten große Schwierigkeiten, eine Möglichkeit zu finden, das Feuer zu erwidern.
Ein Energiestrahl schoss knapp an K´hard vorbei auf einen Stein und lies diesen zuerst aufglühen und dann in viele Stücke zerspringen. Ein Splitter traf Bull am Kopf. Er fasste sich an die Stelle, an dem ihn der Stein traf. Als er Blut an seiner Hand sah sagte er sauer: "Mistkerle... Na wartet!"
Er sprang aus seiner Deckung hervor, rannte mitten in den Phaserbeschuss und eröffnete wild das Feuer.
"Bull, Sie Wahnsinniger!!", brüllte K´hard Corbug an, der es ganz zu ignorieren schien. Cob hechtete von einer Deckung zur nächsten und schoss dabei wie ein Besessener auf die Stellung der Feinde.
K´hard und Jishi feuerten jetzt wild und ohne besonderes Zielen in Richtung der Angreifer, nur um Bull den nötigen Feuerschutz zu geben.
"Yaaaahhh...", entkam es Bull.
"Buuull!!! Gehen Sie verdammt noch mal in Deckung, oder ich werde sie eigenhändig in die Deckung bringen!!!" Als Bull nicht darauf reagierte, schrie er ihn an: "Das war ein Befehl, Lieutenant!!"
Auf diese Worte schien er zu hören, denn er hörte auf zu schießen und kniete sich wieder hinter einen Felsen. Bulls überraschende Handlungsweise und das Sperrfeuer schien aber Wirkung gezeigt zu haben, denn das gegnerische Feuer war nur noch vereinzelt und wurde immer weniger, bis es schließlich ganz aufhörte.
"Sir, sie flüchten!", sagte Ken mit einem Hauch von Siegesgefühl in der Stimme.
"Immerhin etwas.", sagte K´hard und blickte vorwurfsvoll zu Cob.
"Zwei von ihnen sind betäubt. Bei einem sind die Lebenszeichen sehr schwach.", gab Fähnrich Jishi Meldung.
"Okay. Beamen wir uns mit den beiden an Bord des Shuttles und starten in Richtung Invisible."

Die drei gingen schnellen Schrittes zu den beiden betäubten und beamten sich mit ihnen in das Shuttle. Dort angekommen, befahl K´hard sofort: "Bull, Sie starten und fliegen zur Invisible. Und beeilen Sie sich."
"Ja, Sir.", sagte Cob und begab sich zum Pilotensitz.
"Jishi, Sie kümmern sich um die Verletzten. Lassen Sie den Schwerverletzten auf keinen Fall sterben. Wir müssen so viel wie möglich über diese Leute in Erfahrung bringen und da können wir es uns nicht erlauben, einen Gefangenen zu haben, der um seinen toten Kameraden trauert."
"Jawohl, Sir", sagte Ken und holte sofort den Notfall-Medikit aus einer Nische in der Wand des Shuttles und fing an, sich um den Schwerverletzten zu kümmern.
K´hard setzte sich auf den Copilotensitz und sah zu, wie Corbug die Instrumente bediente. Danach half er Fähnrich Jishi mit den beiden Verletzten. Den Phaser hielt er dabei schussbereit in seiner Hand.
"Sir? Das sind keine wirklichen Föderationsmitglieder!", fasste Fähnrich Jishi das erste Untersuchungsergebnis zusammen.
"Ach, wirklich? Darauf wäre ich nicht gekommen.", entgegnete K´hard gespielt ungläubig.
"Nein, Sir, ich meinte nicht ihr Verhalten, sondern die Genetik. Sie scheinen keine echte, sondern nur eine angepasste Genetik zu haben. Wirklich seltsam. Auf der medizinischen Abteilung erhalten wir sicher bessere Ergebnisse"

Das Shuttle startete sanft und flog schnell auf die Atmosphäre zu.
Als das Shuttle die Wolkendecke durchbrach, fing es wieder an, leicht zu vibrieren, was auch etwas stärker wurde. Obwohl es auch auf dem Rückflug sehr holperig war, war es jedoch nicht so schlimm wie auf dem Hinflug.
Als die Erstversorgung vollbracht war, setzte sich K´hard wieder auf den Kopilotensessel.
"Sir.", sagte Corbug ruhig zu K´hard.
"Ja, was ist?", fragte dieser mit sichtlich unterdrückter Verärgerung.
"Tut mir leid wegen vorhin. Ich habe kurz die Kontrolle über mich verloren."
"Das ist mir nicht entgangen."
"Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Normalerweise, bin ich bei so etwas immer ganz ruhig."
"Ich werde es trotzdem in meinem Bericht erwähnen. Ich will nicht entscheiden, ob es grobe Unvorsichtigkeit oder der Einfluss des Planeten war, den wir alle hier irgendwie verspüren. ANDERE WERDEN DAS ENTSCHEIDEN!"
"Wie bitte, Sir?"
"Sie werden...", K´hard Stimme wurde noch härter, "... sich nach der Besprechung beim Counsellor melden. Sie sind ein guter und loyaler Offizier, aber in kritischen Situationen unbeherrscht. Es wird nicht immer gut gehen, einen Gegner mit unüberlegten Aktionen zu verblüffen. Der Counsellor wird über Ihre weitere Dienstbefähigung ein Gutachten verfassen."
"Ich werde mich bei ihr melden, Sir." Bull wirkte zerknittert und blieb stumm für den Rest des Fluges. K´hard´s Entscheidung fand er hart. Aber, wie K´hard auch bemerkte, war Bull loyal und akzeptierte die Entscheidung. Er war sich bewusst, dass seine Karriere beim Geheimdienst nun an einem seidenen Faden hing.

Der Rest des Fluges war ruhig und ohne besonderen Vorkommnisse.

 

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